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23. Januar – Buchhaltungstag
Die Verwaltung von Spenden ist bekanntermaßen ein sensibles Thema. Deshalb nahmen wir uns heute den ganzen Tag Zeit, in aller Ruhe Laurettes Buchführung durchzugehen.
Um es kurz zu machen: sie ist tadellos! Wir sind dankbar, daß wir mit Laurette eine zuverlässige Mitarbeiterin vor Ort haben.
24.1. – Projektbesuche
Eigentlich hat unser Kooperationspartner „Amizero y’Ubuzima Organization“ seine eigenen Projekte. Sie fördern geistig behinderte Kinder.
Unsere Kooperation beschränkt sich auf die Leitung unseres Bildungsprojekts, die von Laurette versehen wird. Sie ist die Vorsitzende des Vereins.
Wir haben die Gelegenheit genutzt, zwei Schulen zu besuchen, in denen Schüler lernen, die von AyU betreut werden. Die Organisation hat kürzlich vom Distrikt zwei Häuser zugewiesen bekommen, in denen diese Kinder künftig um einer besseren Versorgung willen zentral untergebracht und beschult werden sollen.
Wir haben mit Laurette vereinbart, daß wir sie in der Startphase unterstützen, und die drei geistig behinderten Kinder, die momentan durch unser Projekt gefördert werden, dort mit integriert werden. Denn ihre derzeitige Lebenssituation dient ihrer Entwicklung nicht. Wir freuen uns, daß wir unserem Kooperationspartner auf diese Weise helfen und damit einen kleinen Dank für die gute Zusammenarbeit abstatten können.
Es ist erfreulich, daß die Zahl der geförderten Kinder langsam wächst. Wir haben jedoch festgestellt, daß damit auch das Arbeitspensum zunimmt. Deshalb hatten wir schon vor unserer Reise mit Laurette vereinbart, daß wir eine zweite Mitarbeiterin suchen wollen. Laurette hatte mir schon einen Vorschlag gemacht und an diesem Tag sollten wir die Frau nun treffen um miteinander zu sprechen. Das Gespräch verlief gut und so freuen wir uns, nun mit Frau Berthilde eine neue Mitarbeiterin zu haben. Frau Berthilde ist Lehrerin und dazu eine warmherzige Frau. Und genau eine solche Person brauchen wir, zu der die Kinder Vertrauen aufbauen können.
Während wir vor dem Nehemiah Cafe im Gespräch vertieft saßen, grüßte uns ein vorbeigehender Mann. Es stellte sich heraus, daß es Bischof Nathan der Diözese Butare der Anglikanischen Kirche war. Erfreut nahmen wir ihn in unsere Mitte und unterhielten uns ein wenig. Er ist ein sehr offener und fröhlicher, dazu unprätentiöser, Mann. Kurzerhand lud er uns zur Einweihung des neuen Gästehauses am nächsten Tag ein, zu welchem die Pastoren der ganzen Gegend sowie der Erzbischof eingeladen waren.
25.1. – Ein Tag der besonderen Art
Jeweils am letzten Samstag im Monat findet in ganz Ruanda etwas statt, was sich Umuganda nennt. Wir kennen so etwas Ähnliches aus der Zeit der DDR unter dem Namen Subbotnik. Der Unterschied besteht allerdings darin, daß dieser allgemeine Arbeitseinsatz der gesamten Bevölkerung in Ruanda obligatorisch ist und wohl auch recht konsequent durchgeführt wird, wie uns versichert wurde.
Diese regelmäßigen Arbeitseinsätze tragen wohl auch zu dem sauberen und relativ aufgeräumten Erscheinungsbild des ganzen Landes bei. Im Land weilende Ausländer sind übrigens herzlich zum Mitmachen eingeladen und an beliebigem Ort gern gesehen. Uns ging es nicht anders.
Wir hatten allerdings ohnehin vor, als Ausgleich für unsere Flugreise Bäume zu pflanzen und wollten uns von Laurette dazu beraten lassen. Sie erzählte uns, daß es in Ruanda üblich sei, daß wohlhabende Leute angehalten sind, für arme Menschen drei Obstbäume auf deren Grundstück zu pflanzen. Natürlich funktioniert das überwiegend nur auf dem Land. Das war für uns genau das Richtige. Damit wurde ein doppelt guter Zweck erfüllt.
Also fuhren wir in ein Dorf namens Gaye, soweit ich mich erinnere, weit ab von Butare. Vor der Baumpflanzung kam aber erst einmal der obligatorische Arbeitseinsatz an die Reihe. Wir entfernten mit einigen Dorfbewohnern eine Graskante, die auf den Fahrweg gewachsen war, und hackten noch ein wenig mit einigen ein Schnittgerinne (Regenwasserabfluß am Straßenrand) aus.
(Die Hacken sind übrigens erstaunlich schwer und ich bekam eine Ahnung davon, welch schwere Arbeit nicht nur die Männer, sondern vor allem die Frauen bei der täglichen Feldarbeit leisten. Meine Hochachtung!)
Eigens zu diesem Anlaß mitarbeitender Ausländer (Bleichgesichter) erschien die Kreischefin. Offenbar waren wir die Attraktion des Jahres – oder des Jahrzehnts? Wer weiß.
Anschließend pflanzten wir jedenfalls unsere Bäume (Mango, Baumtomate und Avocado) und damit war unser Werk vollbracht. Zum Gruppenfoto und einigen anfeuernden Reden wurde die Dorfgemeinschaft zusammengerufen und so wurde der Arbeitseinsatz wohl zu einem Ereignis, das in die Dorfannalen eingehen wird.
Am Nachmittag sollten wir eines unserer Patenkinder treffen, bevor wir an der feierlichen Eröffnung des neuen Gästehauses teilnahmen. Mit einiger Verspätung traf P. ein. Er ist als Kind erblindet, bekam aber durch die Patenschaft die Chance zur Schule zu gehen. Dank seiner sehr guten Zensuren erhält er ein staatliches Stipendium und studiert nun in Butare „International Relations“. Ursprünglich wollte er Journalismus studieren. Doch bei seinen Recherchen über Berufschancen bemerkte er, daß diese nicht gut sind, besonders nicht für blinde Journalisten.
Ich freue mich jedenfalls, daß er ein Studienfach seines Interesses gefunden und damit auch bessere Berufschancen hat. Gerade Körperbehinderte haben ja besondere Schwierigkeiten beim Start ins Berufsleben. Da sein Lebensumfeld nun ein völlig neues ist fragte ich ihn, ob er denn in der fremden Umgebung zurechtkommt. P. sagte, daß er keine Probleme hat. Schließlich läge Butare ja auch in Ruanda und da sei alles dasselbe.
Schließlich war es soweit. Wir wurden zur Eröffnungsfeierlichkeit gebeten. Zu diesem Zwecke hatten wir unsere Kleidungsstücke angelegt, die wir uns kurz zuvor hatten in der Stadt schneidern lassen. Gut sahen wir aus – um uns mal ein kleines Eigenlob auszusprechen 🙂
Wir wurden gar zu Ehrenplätzen in der ersten Reihe mit gepolsterten Stühlen geführt, während alle anderen Gäste –abgesehen vom Erzbischof und einigen weiteren Ehrengästen – auf Plastikstühlen saßen, was mir etwas unangehm war. Aber Bischof Nathan hatte es so bestimmt, und so folgten wir.
Dann aber hieß es warten, denn Bischof und Erzbischof waren noch unterwegs auf der Rückfahrt von einem Besuch außerhalb Butares. Inzwischen versuchten die moderierenden Pastoren die Gäste zu unterhalten. Natürlich auf Kinyarwanda, was wir nicht verstehen. Immerhin übersetzte der neben mir sitzende Pfarrer der örtlichen Kirche ab und zu etwas.
Schließlich erschienen die Bischöfe und die Zeremonie begann. Zwar verstanden wir nach wie vor nichts, aber die eingelagerte Musik war erfrischend.
Haben Sie, liebe Leser, schon einmal einen springenden Bischof gesehen? Wir hatten die Freude. Während eines Liedes sang und tanzte – und sprang – er mit einigen anderen Pfarrern. Es war ein sehr ungewöhnlicher Anblick, zumal er seine Amtstracht anhatte. Ich mußte sogleich an unsere Bischöfe denken, und ob sie das wohl auch tun würden bzw wie das bei ihnen aussähe 🙂
Nach allen Reden erfolgte dann der Gang durchs neue Gästehaus und nach einigen herzlichen Abschiedsworten zogen wir uns schließlich zurück.
26.1. – Abreise
Der letzte Tag unseres Ruanda-Aufenthalts war gekommen – leider.
Wir fuhren gleich morgens ab, weil die Paten in Kigali noch einmal ihr Patenkind und ich drei Künstler treffen wollten, um mit ihnen über unser Projekt „Künstler für Kinder“ zu sprechen.

Einer der Künstler, ist schon im Projekt: Ras Erigz. Mit ihm habe ich vor zwei Jahren diese Initiative aus der Taufe gehoben. Nun kommen zwei Neue dazu: Cyiza Jackson, der nach meinem Eindruck echt talentiert ist. Und Sacha, ein Freund von Ras Erigz. Ich hoffe, daß sich diese Künstlerinitiative weiterentwickelt, so daß unser Projekt nachhaltig davon profitieren kann.
Nach der Verabschiedungszeremonie begaben wir uns zum Flughafen mit dem guten Gefühl, daß die Reise sehr erfolgreich verlaufen ist und unser Projekt nach menschlichem Ermessen eine gute Zukunft hat.
Die Paten reisten zurück nach Deutschland, und ich blieb noch für eine gute Woche in Addis Ababa, um dort ein weiteres Projekt zu besuchen, das ist seit 1997 unterstütze, und um Freunde zu treffen. Aber das ist eine andere Geschichte 🙂
Fazit dieser Reise
Der Hauptgrund meiner diesjährigen Reise bestand zum einen darin möglichst viele Kinder zu besuchen und mich über deren Lebenssituation kundig zu machen. Zum anderen hatten Laurette und ich vereinbart, die Buchhaltung miteinander zu prüfen, eine weitere Mitarbeiterin angesichts der wachsenden Zahl an betreuten Kindern zu finden und zu erkunden, inwieweit wir das Management unseres Projekts ggf. an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen müssen.
Wie schon erwähnt, haben wir beschlossen, die Unterstützung von Eltern bzw Erziehungsberechtigten auszubauen, so daß sie ihren eigenen Anteil an der Versorgung der Familie erbringen können.
Ferner sahen wir uns gezwungen angesichts der hohen Kosten für Universitäts-Studenten eine Förderungsbeschränkung einzuführen, so daß unsere Patenkinder nur dann noch gefördert werden, wenn sie ein staatliches Stipendium erhalten – und natürlich sofern die Paten bereit sind, die Patenschaft während eines Studiums weiterzuführen. Außerdem werden Laurette und Berthilde die Kinder hinsichtlich ihrer Berufswünsche beraten, so daß diese sinnvolle und adäquate Entscheidungen treffen können.
Die Lehr-Praxis an Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen in Ruanda macht es erforderlich, daß besonders die Schüler ab der Oberstufe mit einem Smartphone bzw Laptop ausgestattet sind, denn Lehrbücher gibt es kaum. Sie sind teuer und einem hohen Verschleiß ausgesetzt. Deshalb werden wir verstärkt darauf achten, daß unsere Kinder mit solchen Geräten ausgestattet werden. Die Finanzierung bleibt dabei noch offen. Manche Paten sind so großzügig, daß sie diese Geräte ihrem Patenkind durch Spenden zukommen lassen. Andere sind dazu nicht in der Lage. Dann greift der Kompensationsfonds.
Doch dieser muß gut ausgestattet sein! Deshalb werben wir auch ganz bewußt für sogenannte Projektpatenschaften. Die entsprechenden Paten können einen beliebigen monatlichen Betrag wählen und an uns überweisen. Das kommt allen entgegen, die eine persönliche Patenschaft nicht übernehmen können oder wollen.
Eine Erhöhung des monatlichen Betrages für eine persönliche Patenschaft ist zurzeit nach wie vor nicht vorgesehen, allerdings langfristig auch nicht auszuschließen, da die Lebenshaltungskosten in Ruanda – wie in jedem anderen Land der Erde – sukzessive steigen.
In jedem Fall werden wir unsere Bemühungen um Spenden und Paten intensivieren müssen! Denn auch die Arbeit vor Ort muß getan werden, und sie geschieht aufopferungsvoll durch Laurette. Doch es wäre unethisch, von ihr – und Berthilde – eine rein ehrenamtliche Tätigkeit zu erwarten. Wir bezahlen beiden aus Projektspenden fairerweise wenigstens eine Aufwandsentschädigung.
Ich bin froh und dankbar, daß ich wieder viele unserer Kinder und unserer Mitarbeiter treffen konnte, dazu auch neue Bekannte, wie etwa Bischof Nathan. Von dieser Reise bin ich mit dem sehr guten Gefühl und Wissen zurückgekehrt, daß unser Projekt nun rund läuft, und ich hoffe, daß der Kreis an Förderern kontinuierlich wachsen wird, damit wir noch vielen Kindern und Jugendlichen helfen können.
Wie immer möchte ich auch die Paten ermutigen, die Reise nach Ruanda anzutreten und ihre Patenkinder zu besuchen. Das ist immer ein bewegendes, und oft nachhaltiges, Erlebnis, das die Sicht sowohl auf das eigene Leben verändert, als auch die Bilder zurechtrückt, die wir verständlicherweise in Unkenntnis der realen Lebensbedingungen in einem afrikanischen Land im Kopf haben. Doch dieses gegenseitige Kennenlernen entwickelt auch erst ein Verständnis dafür, warum dieses Engagement so außerordentlich nötig, ja, für die Kinder und Jugendlichen, die wir betreuen, überlebenswichtig ist.
Ruanda bietet dafür gute und sichere Rahmenbedingungen. Und die Paten, die ihre Patenkinder bereits besucht haben, können dies bestätigen.
Ende
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